März 2023 – Erhaltungsverein des Bunten Bentheimer Schweins feiert 20jähriges Jubiläum im Tierpark Nordhorn
Auch heimische regionale Nutztierrassen können vom Aussterben bedroht sein. Das Bunte Bentheimer Schwein ist so eine Rasse, die vor gar nicht allzu langer Zeit kurz vor dem Aussterben stand. Seit 20 Jahren wird dank des im Tierpark Nordhorn gegründeten „Vereins zur Erhaltung des Bunten Bentheimer Schweins e. V.“ aktiv etwas für die Erhaltung dieser wertvollen Genressource getan. Und dies mit Erfolg, denn die Bestände sind wieder stark gestiegen. Und auch wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich klingt: Jeder kann mithelfen diese faszinierenden Tiere zu schützen – das Motto heißt „Erhalten durch Aufessen“. Früher war das Bunte Bentheimer Schwein, dessen Anfänge der Zuchtgeschichte auf die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert werden, ein weit verbreitetes Schwein auf den Bauernhöfen. Mit seinem freundlichen, genügsamen Wesen und seiner bunten Flecken war es insbesondere bei den Bauersfrauen, die sich vorwiegend um die
Schweinezucht auf den Höfen kümmerten, sehr beliebt. Neben der Gewinnung von Fleisch war auch die Gewinnung von Speck und Fett als Energieträger etwas, was das Bunte Bentheimer Schwein mehr als reichlich liefern konnte. Eine Tatsache, die später auch seinen schnellen Niedergang mit beschleunigen sollte. Als die wenigen Schweine auf den Bauernhöfen im wahrsten Sinne des Wortes noch „so mit liefen“, waren sie wertvolle Restverwerter und Energielieferanten und brachten die Familien über den Winter.
Der Niedergang des Bunten Bentheimer Schweins
Auch in den Jahren direkt nach dem Krieg, in der Blütezeit der „Swatbunten“, waren die Schweine sehr gefragt. Sie waren einfach und günstig zu halten, zudem waren sie sehr fruchtbar und lieferten exzellentes Fleisch. Der Niedergang der Rasse begann dann kurz darauf. Mit dem Wirtschaftswunder sank die Nachfrage nach Fett und Speck, mageres Fleisch war plötzlich gefragt.
Zudem wurden neue Zuchtlinien bei den Schweinen aufgebaut, die wesentlich schneller schlachtreif und damit wirtschaftlicher waren und zudem mit den Haltungsanforderungen der sich intensivierenden Schweinemast besser klarkamen. „Unsere Tiere feiern Geburtstag, bevor sie verwertet werden können! Im Vergleich zu handelsüblichen Zuchtlinien sind sie quasi slow food!“ so Zoodirektor Dr. Nils Kramer. Während ein Buntes Bentheimer Schwein also erst mit zirka einem Jahr schlachtreif ist, sind es die modernen Zuchtrichtungen in der Hälfte der Zeit. „Zudem
benötigen die Bunten Bentheimer Schweine viel Bewegung und eine restriktivere Ernährung, weshalb sie in den modernen Haltungen fehl am Platz sind!“ so Kramer weiter. „Aber dann liefern sie ganz hervorragende Fleischqualität!“ Wie der Name vermuten lässt, liegen die Anfänge des Bunten Bentheimer Schweins im Nordwesten Deutschlands, in der Grafschaft Bentheim an der niederländischen Grenze. Hier stand auch die Arche Noah dieser Rasse. Bis auf wenige andere Ausnahmen war es einzig der Hof Schulte-Bernd der noch an dieser Rasse festhielt und sie so über die Zeit retten konnte. Mit nur noch etwa 100 Zuchttieren waren die Bentheimer Schweine Anfang der 1990iger Jahre hochgradig vom Aussterben bedroht.
Der rettende Verein
Am 1. März 2003 wurde dann im Tierpark Nordhorn der Erhaltungsverein für die Bunten Bentheimer Schweine gegründet. Diese Vereinsgründung war die Initialzündung für die Rettung dieser Rasse. Von 50 Tieren zum Start waren es bereits wenige Jahre später über 500 Tiere, welche nun im Herdbuch gelistet waren. Auch die Zahl der Halter stieg stark an, so dass es mittlerweile fast in allen Bundesländern Haltungen gibt. Auch in den Niederlanden und Luxemburg ist die Rasse vertreten. „Diese Verbreitung ist immens wichtig! Natürlich brauchen wir eine große Zahl an Tieren, aber auch eine weite Verbreitung!“ so Zoodirektor Dr. Kramer. „Nur dann können wir die Rasse gegen regionale Ereignisse wie zum Beispiel Tierseuchen langfristig schützen! Es sind dann nie alle Bestände gleichzeitig betroffen!“ Anlässlich des 20jahrigen Jubiläums konnte im Tierpark Nordhorn nun auf die erfolgreiche Arbeit zurückgeschaut werden. 260 Betriebe hielten im vergangenen
Jahr 515 Herdbuchsauen und 139 Zuchteber. Reißenden Absatz finden die Produkte des Bentheimer Schweins dabei in der Vermarktung regionaler Produkte und bei echte Fleischkennern. Durch die feine Marmorierung und das langsamere Wachstum hat das Fleisch des Bunten Bentheimer Schweins eine exzellente Qualität und einen feinen Eigengeschmack. Seitdem auch Grillfreunde die Produkte für sich entdeckt haben, ist die Nachfrage weiter gestiegen.
„Das Geheimnis für den Erhalt dieser Tiere ist die Nutzung! Auch wenn der Spruch „Erhalten durch Aufessen“ auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, ist dies der Schlüssel zum Erfolg!“ so Dr. Kramer. „Liebhaberei allein reicht zur Rettung einer Rasse nicht aus. Nur durch den stetigen Absatz gibt es Nachzucht und genetischen Austausch. Jeder Einzelne kann also etwas zum Erhalt dieser Tiere beitragen!“
Fotos: Franz Frieling und Tierpark Nordhorn